wood ’n’ stones

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Unterwegs am Bosporus Geschichten aus Istanbul

Paragliding

Fethiye ist bekannt als sehr guter Ort für Paragliding. Wir bekommen als große Gruppe einen günstigen Tarif und so sitze ich Freitag Nachmittag mit Erasmusstudenten und Paragliding-Guides in einem vollen Minibus. Gemeinsam fahren wir Serpentinen zum Abflugsort auf 1700 Metern hoch. Mit Tischtennisbällen, auf denen jeweils der Name eines Guides steht, werden wir in Zweierteams gelost. Ich fliege also mit Öner. „Öner?“, frage ich in den Bus. Vorne winkt ein langhaariger Türke mit Sonnenbrille: „Yeah, that’s me. Nice to meet you.“ Perfekt, wir verstehen uns. Florenci unterhält sich auf bei der Auffahrt länger mit seinem Guide, der direkt neben ihm sitzt. Wie oft er pro Tag fliegt, wollen wir wissen. „Actually four times, but today it’s my fifth flight. I woke up at 6 am“, sagt der Guide. Florenci guckt erstmals etwas irritiert. Dann fragt der Guide, wie viel Florenci wiegt. Etwas über 100 Kilogramm. Oh, eigentlich sei 100 Kilogramm die Obergrenze, erklärt ihm der Guide. Ob uns das keiner gesagt hätte. Jetzt guckt mich Florenci entgeistert an. Keine Angst, da passiert nichts, beruhige ich ihn. Habe aber natürlich auch keine Ahnung. Florenci fragt nicht weiter und macht einfach die Augen zu. Oben angekommen gibt es noch eine kurze Einweisung von Öner: „Laurenz. Run if I say run. And then enjoy.“ Er schließt die Karabinerhaken. Dann rennen wir los und gleiten ruhig über den Traumstrand von Ölüdeniz. Nach einer halben Stunde landen wir an der Strandpromenade. Auch Florenci kommt sanft unten an.


Reparatur

Seit drei Wochen ist die Toilettenspülung defekt. Weil der Handwerker immer kurzfristig abgesagt hat, bin ich umso glücklicher, als es Dienstag morgens tatsächlich an der Tür klingelt. Ein etwa 65-jähriger, weißhaariger Türke mit einer Plastiktüte als Werkzeugkoffer in der Hand kommt herein. Mein Mitbewohner erklärt ihm kurz das Problem, muss dann aber los zu einem Termin. Ich biete dem Klempner einen Tee an, den wir gemeinsam im Flur trinken. Dann gehe ich in mein Zimmer, um an einem Essay zu schreiben. Plötzlich höre ich vom Bad das Klicken eines Feuerzeugs. Ich gucke kurz aus dem Zimmer. Im Bad steht der Klempner und schmökert genüsslich eine Zigarette. Da in der Wohnung nicht geraucht werden darf,  versuche ich, ihn auf Türkisch auf den Balkon zu bitten. Als Reaktion bietet er mir auch eine an. Ich schüttel den Kopf und öffne die Balkontür. Er nickt und gemeinsam gehen wir auf den Balkon. Wir blicken auf den Bosporus, unterhalten uns über Hamambesuche und hören Mustafa Sandal. Ab acht Uhr abends darf man dann wieder die Spülung benutzen.


Kiss Kiss

Bevor ich nach Istanbul gekommen bin, war mir eigentlich nur ein türkischer Musiker bekannt. Oder genauer ein türkischer Song. „Kiss Kiss“ von Tarkan. Und gleich in meiner ersten Woche in der Metropole habe ich den Klassiker in jedem Club gehört. Auf einmal lese ich dann bei Facebook, dass es ein Gratiskonzert von Tarkan in Besiktas geben soll. Direkt am Bosporus-Ufer. Wahlkampf auf Türkisch. Wir treffen uns in einer großen Gruppe in Cihangir und laufen dann abends um zehn Uhr Richtung Besiktas. Er soll sogar schon auf der Bühne stehen, ruft ein Italiener und fordert ein höheres Schritttempo. Wir gehen aber entspannt weiter, weil sich die Anzahl echter Tarkan-Fans dann doch in Grenzen hält. Durch einen etwas versteckten Zugang finden wir dann einen Platz in der Menge jubelnder türkischer Jugendlicher und können den mittlerweile über vierzigjährigen Sänger in schwarz-weißem Outfit erkennen. Als Tarkan wenig später „Kiss Kiss“ playback singt, können endlich auch die Erasmusstudenten mitsingen.

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