wood ’n’ stones

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Unterwegs am 淡水河 Geschichten aus Taipei

Überleben

Von Tokio fahren wir nach Fuji-City. Wir wollen hoch auf den Fuji-san. Der Fuji-san ist der Mount Fuji, der größte Berg Japans, ein schlafender Vulkan. Er schläft schon seit über 300 Jahren. Für die Japaner ist der Fuji-san ein Nationalheiligtum. Auf jeder zweiten Wasserflasche in Japan sieht man ihn, in der Metro kommt kaum ein Werbeplakat ohne den perfekten Vulkankegel mit einer verschneiten Spitze aus. Bei WhatsApp gibt es sogar ein eigenes Emoji von ihm. Am kleinen Bahnhof in Fuji-City gehen wir in die Touristeninformation. Wir wollen morgen auf den Fuji, erklären wir der freundlichen Dame hinter dem Tresen. Hm, wir wüssten aber schon, dass der nur im Juli und August offiziell geöffnet ist? Schließlich ist es in den anderen Monaten zu gefährlich, das Wetter ist unvorhersehbar, die Hütten sind geschlossen. Touristen sind sogar schon umgekommen dort oben, sagt sie. Ja, aber wenn, also nähme man einmal an, man würde schon im Juni hochwandern wollen, also wäre das möglich, wie könnten wir zum Startpunkt gelangen, natürlich nur eventuell, wir wollen uns ja erst einmal nur informieren, was gäbe es da für Ideen? Sie empfiehlt uns ein Taxi, nutzt dabei aber weiterhin sorgfältig den Konjunktiv: Also wenn man das machen würde, was sie natürlich nicht empfehlen würde, dann könne man mit einem Taxi dieses Unternehmens dort hochfahren. Dies sei die Nummer für Touristen, die das wirklich machen wollten. Wir sind glücklich, bedanken uns und wollen wieder gehen. „Take care, guys! And please, if you really do that, come to me afterwards. Please!“, ruft sie uns hinterher, wohl dann doch mit der Erkenntnis, dass sie gerade zwei nicht allzu erfahrenen Wanderlustigen den Weg zum geschlossenen Fuji-san gezeigt hat.

Am nächsten Morgen kommt um 6:30 Uhr das Taxi, um 7:30 Uhr sind wir am Startpunkt und um 12:30 Uhr blicken wir vom Gipfel auf 3776 Metern Höhe bis zum Meer. Wir sind über den Wolken, fallen uns erschöpft in die Arme und snacken mitgebrachten Sushi. Der Weg ist zwar lang, aber keinesfalls gefährlich. Am nächsten Tag fahren wir wieder zurück nach Tokio. Am Bahnhof in Fuji-City gehen wir noch kurz in die Touristeninformation. Als die Schiebetür aufgeht, guckt uns unsere japanische Helferin erleichtert an. „You did it! I am so happy you survived!“, ruft sie mit einem leichten Hang zur Übertreibung. Ihr Beschützerinstinkt setzt sofort wieder ein, als sie meinen Sonnenbrand sieht. „You have to use after sun lotion!“, rät sie mir. Mache ich. Wir verabschieden uns und gehen zum Zug.