Fastenbrechen
Der Ramadan beginnt. In den Cafés sitzen weniger Menschen, nur selten steigt Zigarettenqualm auf der Istiklal in die Höhe. Abends gehe ich mit Ole, Claudia und Basti zum Fastenbrechen auf den Platz hinter der Sultanahmet Moschee. Hier sind etliche Holztische aneinander gereiht, die Tafeln wirken endlos. Auf den weißen Papiertischdecken stehen bunte Softgetränke und bedeckte Schüsseln mit Essen. Die Türken sitzen nebeneinander auf den Bänken und Stühlen und warten auf den Ruf des Muezzins, der den Startschuss zum Essen gibt. Wir stehen verloren inmitten der sitzenden Muslime, als uns ein Türke anlacht und uns gefüllte Weinblätter anbietet. Wir lehnen dankend ab und warten lieber auch noch die paar Minuten ab. Er sagt, wir sollen uns einfach irgendwohin setzen und uns ein Essenspaket nehmen. Also hocken wir uns auf ein kleines Rasenstück und direkt kommt ein eingeteilter Jugendlicher auf uns zu. Er verteilt Päckchen an uns genauso wie an die Muslime. Darin sind Wasser, Saft, Oliven, eine Dattel, Brot und Baklava. Kurz darauf bekommen wir sogar auch die Schachteln mit Reis, Suppe und Gemüse. Der türkische Mann neben mir auf dem Rasen nickt uns zu und sagt, dass hier jeder willkommen ist, um gemeinsam zu essen. Dann zündet der Bürgermeister auf der Bühne eine Kanone an. Nach dem Knall fängt der Muezzin an zu singen und schlagartig wird es still auf dem vorhin so lauten Platz. Für einige Sekunden ist nur das Aufreißen der Plastikfolien über der Suppe zu hören. Jetzt wird bedächtig gegessen. Nach ein paar Minuten setzen die Gespräche wieder ein, erste Qualmwolken aus Zigaretten steigen auf.
- 20. Juni 2015
- keine Kommentare