wood ’n’ stones

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Unterwegs am 淡水河 Geschichten aus Taipei

Stau

Meine Schwester besucht mich in Taiwan, gemeinsam umfahren wir die ganze Insel. In Hualien düsen wir morgens mit dem Scooter zum Taroko Nationalpark. Der Baiyang-Wasserfall ist das Ziel. Dieser liegt am Ende der einzigen Straße, die durch die Schlucht des Nationalparks führt. Doch auf einmal bildet sich Stau, Reisebusse und Familienautos stehen vor einem provisorischen Absperrungszeichen, Informationen gibt es keine. Einen anderen Weg zum Wasserfall gibt es nicht, also warten Antonia und ich in der Sonne. Nach einer Stunde kommt eine Taiwanerin in Signalweste vorbei und nimmt das Absperrungszeichen zur Seite. Wir fahren los und sehen noch ein paar Bauarbeiter am Straßenrand stehen. Kurz danach erreichen wir den Wasserfall, er ist wunderschön, das Warten hat sich gelohnt. Dann müssen wir wieder zurück, unser Zug nach Taipei fährt in zwei Stunden. Aber der Weg sollte ja jetzt frei sein. Ist er nicht. Nach fünf Minuten Fahrt winkt uns ein Bauarbeiter und stellt dann ein Absperrungszeichen auf die Straße. Als erste stehen wir nun im Stau. Und sehen dieses Mal, warum: Zehn Meter vor uns liegt ein riesiger Felsbrocken auf der Straße, den die Bauarbeiter mithilfe eines Baggers routiniert zur Seite schieben. „This is normal here“, erzählt uns die Scooterfahrerin neben uns. Zwanzig Minuten später können wir weiter fahren, das Absperrungszeichen steht wieder an der Seite. Und jetzt fahren wir nicht nur wegen unserer Zugtickets schneller als sonst durch die Schlucht.


Transitbereich

Nach drei Monaten in Asien ist der Tag des Rückflugs gekommen. Antonia und ich fliegen abends nach Peking. Nach vier Stunden Aufenthalt um 2:30 Uhr nachts wollen wir von dort den Flieger Richtung Frankfurt nehmen. Sie hat sogar noch Geburtstag, also stoßen wir im koreanischen 24-Stunden-Nudel-Restaurant an. Der Flughafen, immerhin der zweitgrößte der Welt, ist fast komplett leer, unser Flieger ist der letzte der Nacht. Sollte zumindest der letzte der Nacht sein. Denn als wir um 1 Uhr die Computeranzeige checken, steht da statt 2:30 ein 9:00. Sicher ein Scherz, denken wir, da hätte es doch eine Durchsage gegeben. Der Infoschalter ist geschlossen, im Duty Free Shop steht einsam eine Verkäuferin an der Kasse. Und an der Sicherheitskontrolle stehen noch zwei Männer. Beide sprechen kein Englisch, zeigen aber auf eine Rolltreppe hinter einer Glastür, auf der „Staff only“ steht. Antonia und ich fahren gespannt hoch und ja, oben stehen noch etwa hundert andere Passagiere, Deutsche und Chinesen, völlig übermüdet, auf ihren Anschlussflug wartend und ahnungslos. Nach zehn Minuten kommt ein kleiner Chinese in einem weißen Hemd zu uns, telefoniert hektisch, sammelt dann unsere Flugtickets und Pässe ein und ruft drei Sätze auf Chinesisch. Wir verstehen nichts. Dann schickt er uns gestenreich zur Passkontrolle, wo wir nach Flugtickets und Pässen gefragt werden. Die haben wir aber ja nicht mehr. Im ganzen Chaos gehen einfach ein paar Passagiere an der Kontrolle vorbei, was besonders im einreisestrengen China natürlich nicht unbedingt gewünscht ist. Alle müssen also zurück, bekommen dann ihre Pässe wieder und erhalten ein 72-Stunden-Visum für die Volksrepublik. Und nun? „Take the tram to the other terminal and then go to a woman with glasses“, ruft der mittlerweile stark schwitzende Chinese im weißen Hemd. Woman with glasses, kann man ja gar nicht verfehlen. Zum Glück ist der Flughafen so leer, dass wir die Dame tatsächlich finden. Sie begleitet uns zu Reisebussen, mit dem wir dann zehn Minuten lang durch das nächtliche Peking fahren. An einem Hotel werden wir rausgelassen und checken in Doppelzimmer ein. Es ist 3 Uhr nachts. „At 5:30 there is breakfast. And at 6 the bus goes back to the airport“, ruft der Rezeptionist. Der kürzeste Hotelaufenthalt meines Lebens. Mit zwei anderen Deutschen gucken wir Turmspringen der Olympischen Spiele und unterhalten uns, dann gibt es ja schon wieder Frühstück. Um 6 Uhr sitzen dann alle wieder in den Bussen zum Flughafen. Der rote Stempel der Volksrepublik ist im Pass, nach China muss ich wohl aber trotzdem noch einmal wiederkommen.